Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) hat das Ziel Whistleblower zu schützen. Wir beantworten Ihnen die wichtigsten Fragen zum HinSchG. Erfahren Sie, welche Dinge Sie als Arbeitgeber beachten müssen und für wen das Gesetz gilt.

Nützliche Dokumente zur internen Hinweisgebermeldestelle

Kurzer Überblick – wer benötigt eine Hinweisgeberstelle?

Checkliste – Was ist zu tun nach der Einrichtung Ihrer Hinweisgeberstelle bei Intelli Revolution?

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Präsentation zur AMA Session am 22.11.2023

Präsentation zur AMA Session am 29.11.2023

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Was ist ein Hinweisgeber / Whistleblower?

Ein Whistleblower ist eine Person, die Informationen (Hinweise) veröffentlicht, die von öffentlichem Interesse sind. Die vom Hinweisgeber in diesem Zusammenhang übermittelten Informationen stammen dabei in der Regel aus geschützten bzw. geheimen Quellen.

Der Begriff des Whistleblowers wurde in jüngster Vergangenheit durch Edward Snowden populär, einem ehemaligen CIA-Mitarbeiter. Der gebürtige Amerikaner veröffentlichte 2013 zahlreiche Geheim-Dokumente zur globalen Überwachung durch britische und amerikanische Geheimdienste. Seine Veröffentlichungen lösten die NSA-Affäre aus. Seither lebt Snowden im Exil in Moskau.

Warum müssen Hinweisgeber geschützt werden?

Verstöße gegen geltendes Recht oder menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in Unternehmen und Organisationen stehen im Fokus des öffentlichen Interesses und müssen aufgedeckt bzw. beseitigt werden. Der Schutz von Hinweisgebern ist jedoch noch nicht einheitlich geregelt. Dies kann Whistleblower davon abhalten Missstände zu melden, da sie mit Benachteiligungen und Diskriminierungen rechnen müssen.

Was regelt das Hinweisgeberschutzgesetz?

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) soll Beschäftigte von Unternehmen und Organisationen schützen, die arbeitsbezogene Missstände und Verstöße gegen geltendes Recht melden und hierdurch mit Repressalien rechnen müssten.

Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie in das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) setzt die Bundesregierung ein Zeichen zum Schutz von Whistleblowern.

Vorgangsablauf zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)

Das Hinweisgeberschutzgesetz hat in Deutschland einen langen Weg genommen:

  • 27.07.2022: Regierungsentwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes
  • 16.09.2022: Befassung Bundesrat
  • 19.09.2022: Übermittlung Regierungsentwurf an Bundestag
  • 29.09.2022: 1. Lesung im Bundestag und Überweisung an Rechtsausschuss
  • 19.10.2022: Öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss
  • 16.12.2022: 2./3.Lesung im Bundestag
  • 10.02.2023: Sitzung Bundesrat, Ablehnung
  • 17.03.2023: 1. Lesung im Bundestag
  • 09.05.2023: Einigung im Vermittlungsausschuss
  • 11.05.2023: Abstimmung im Bundestag
  • 12.05.2023: Sitzung Bundesrat
  • 02.06.2023: Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt
  • 02.07.2023: Inkrafttreten des HinSchG für Beschäftigungsgeber

Übertrifft das Hinweisgeberschutzgesetz die Vorgaben der EU-Whistleblower-Richtlinie?

Das Hinweisgeberschutzgesetz übertrifft in Teilen den Vorgaben der Richtlinie: Das Bundesjustizministerium legt dem neuen HinSchG den Gedanken zugrunde, dass die geforderten Hinweisgebermeldestellen bzw. -systeme zugleich im Interesse aller Betroffenen und der Arbeitgeber sind. Denn: Insbesondere durch interne Meldungen könne eine effektive Beseitigung von Missständen erreicht werden, dies sei sowohl im Interesse des betroffenen Unternehmens als auch der betroffenen Behörde.

Für wen gilt das Hinweisgeberschutzgesetz?

Nach dem HinSchG sind alle Beschäftigungsgeber, die regelmäßig mindestens 250 Beschäftigte beschäftigen, unmittelbar (ab Inkrafttreten am 02.07.2023) verpflichtet, interne Hinweisgebermeldestellen einzurichten und zu betreiben, an die sich Hinweisgeber mit Informationen über Verstöße wenden können.

Beschäftigungsgeber mit mindestens 50 Beschäftigten müssen nicht sofort tätig werden, ihnen wird für die Einführung der internen Meldestelle eine Frist bis zum 17.12.2023 gewährt.

Unternehmen des öffentlichen Sektors sowie Städte und Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern müssen ebenfalls entsprechende Hinweisgebersysteme anbieten.

Abweichend gilt die Pflicht zur Einrichtung einer internen Hinweisgebermeldestelle unabhängig von der Zahl der Beschäftigten z.B. für Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Börsenträger, Institute des Kreditwesengesetzes bzw. Wertpapierinstitutsgesetzes und Kapitalverwaltungsgesellschaften.

Auch für Beschäftigungsgeber mit weniger als 50 Beschäftigten kann sich die freiwillige Einrichtung einer internen Meldestelle aus taktischen Gründen anbieten.

Muss ich mit Geldbußen rechnen, wenn ich keine interne Hinweisgeber Meldestelle einrichte oder gegen das Hinweisgeberschutzgesetz verstoße?

Bei möglichen Verstößen gegen das Hinweisgeberschutzgesetz handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten, die mit einer Geldbuße bestraft werden.

  • Bußgeld in Höhe von bis zu 50.000 Euro: Wer eine Meldung oder die darauffolgende Kommunikation verhindert (oder dies versucht), wer verbotene Repressalien ergreift (oder dies versucht) oder wer vorsätzlich oder fahrlässig das Vertraulichkeitsgebot missachtet.
  • Geldbußen in Höhe von bis zu 20.000 Euro:  Wer keine interne Meldestelle einrichtet oder diese nicht betreibt.
  • Zu beach­ten ist, dass § 40 Abs. 6 S. 2 HinSchG eine Ver­wei­sung auf § 30 Abs. 2 S. 3 OWiG ent­hält, wonach die höchst­mög­li­che Geld­bu­ße für die aufgeführten Tatbestände auf das bis zu 10-fache der vor­ste­hend genann­ten Höchst­be­trä­ge erhöht wer­den kann.
  • Ist die Geschäftsführung untätig, ist auch eine persönliche Inpflichtnahme durch die staatlichen Stellen nicht ausgeschlossen.

Welche Vorteile hat eine interne Hinweisgeber Meldestelle für mein Unternehmen?

Neben dem Abwenden von Geldbußen liegen die weiteren Vorteile einer internen Hinweisgeber Meldestelle für Unternehmen auf der Hand:

  • Missstände/Betrug aufdecken: Mit einer internen Hinweisgeber Meldestelle lassen sich mögliche Missstände/Betrugsfälle aufdecken, die ansonsten unentdeckt bleiben würden.
  • Reputations- und Finanzschäden verhindern: Jedes Unternehmen sollte ein ernsthaftes Interesse daran haben, eine interne Hinweisgeber Meldestelle einzurichten und diese intensiv zu bewerben. Denn mit ihr liegt es in der Hand des Unternehmens das Anliegen des Hinweisgebers zu bewerten und selbst darüber zu bestimmen, wie weiter verfahren wird. Wendet sich der Whistleblower dagegen direkt an die Öffentlichkeit drohen unmittelbar negative Meldungen in den Medien, Verkaufseinbußen und/oder sinkende Aktienkurse.
  • Vertrauen aufbauen: Zugleich stärkt eine interne Hinweisgeber Meldestelle das Vertrauen  von Mitarbeitenden und externen Stakeholdern in das Unternehmen.
  • Prozessoptimierung: Unternehmen können Schwachstellen und Fehler identifizieren und beseitigen – das Unternehmen kann aus den eingegangenen Hinweisen lernen und wachsen.

Um zu vermeiden, dass Hinweisgeber sich direkt an die externe Meldestellen der Behörden wenden, sollen Unternehmen nach § 7 HinSchG den Hinweisgeber Anreize dafür schaffen und darin bestärken, zunächst die interne Hinweisgebermeldestelle zu nutzen. Entsprechende Maßnahmen könnten sein:

  • Die Meldekanäle und -verfahren sollen so transparent und leicht zugänglich wie möglich konzipiert werden. Dies kann beispielsweise erreicht werden durch eine durchgehende Erreichbarkeit, leichte Bedienbarkeit, Vermeidung von Sprachbarrieren und die Ermöglichung von anonymen Meldungen.
  • Die Existenz der internen Hinweisgebermeldestelle soll angemessen kommuniziert werden, bspw. beim Onboarding von neuen Beschäftigten, durch Einträge im Intranet/Internet und Informationsschreiben an die Belegschaft.

Welche Anforderungen gibt es an eine interne Meldestelle für Hinweisgeber?

Zu den Hauptaufgaben der internen Hinweisgeber Meldestellen gehören neben der Einrichtung und dem Betrieb von Meldekanälen die Prüfung der eingegangenen Meldungen auf Plausibilität. Zudem ist die Bereithaltung von klaren und leicht zugänglichen Informationen über die zur Verfügung stehenden Meldeverfahren für Beschäftigte vorgesehen. Ferner sind die geforderten Anforderungen an die Verarbeitung von personenbezogenen Daten und die Dokumentationspflichten zu erfüllen und der Kontakt mit dem Hinweisgeber soll gehalten werden.

Beim Betrieb einer internen Meldestelle müssen daher insbesondere diese Aspekte bedacht werden:

  • Schutz der Identität der Hinweisgeber
  • Beachtung von datenschutzrechtlichen Anforderungen bei der Einrichtung der Hinweisgebermeldestelle
  • Ermöglichung der Übermittlung von Hinweisen auf verschiedenen (ggf. auch anonymen) Meldewegen:
    • Kanäle für Meldungen in mündlicher Form (Telefon, Sprachnachricht o.ä.) oder
    • Kanäle für Meldungen in schriftlicher Form (Postanschrift, Mailadresse, Messenger o.ä.) und
    • eine persönliche Zusammenkunft oder Videokonferenz mit einer für die Entgegennahme einer Meldung zuständigen Person der internen Meldestelle innerhalb einer angemessenen Zeit  
  • Betreuung der Hinweisgebermeldestelle durch nachweislich geschultes Personal mit besonderer Integrität
  • Kommunikation und Schulung der Beschäftigten nach Einrichtung der Meldestelle
  • gesetzeskonforme dokumentierte Verwaltung der eingegangenen Meldung innerhalb bestimmter Fristen (Prüfung, Antwort, Ergreifung geeigneter Folgemaßnahmen)
  • keine drohenden Repressalien bei Meldung des Hinweisgebers.

Müssen Unternehmen anonyme Meldungen ermöglichen?

Das HinSchG sieht vor, dass interne Meldestellen anonyme Meldungen entgegennehmen und bearbeiten sollten. Hierfür wären Meldekanäle vorzuhalten, welche die anonyme Kontaktaufnahme und die für den Hinweisgeber anonyme Kommunikation zwischen Hinweisgeber und interner Meldestelle ermöglichen. Die Anonymität kann durch die Einschaltung einer Ombudsperson gewährleistet werden.

Was ist ein Whistleblower System?

Ein Hinweisgebermeldesystem schützt Hinweisgeber, indem es ihnen die Option bietet über vertrauliche Kanäle mit einer Ombudsperson zu kommunizieren. Zu den verpflichtenden Kommunikationswegen zählen mündliche oder schriftliche Nachrichten und das persönliche Treffen oder eine Videokonferenz mit einer beauftragten Ombudsperson.

Dürfen Dritte mit der Einrichtung einer Meldestelle für Hinweisgeber beauftragt werden?

Mit der Einrichtung und dem Betrieb einer internen Meldestelle für Hinweisgeber dürfen auch Dritte beauftragt werden, an die sich die Beschäftigten wenden können (§ 14 Abs. 1 HinSchG).

Auch bei Beauftragung einer Ombudsperson mit der Einrichtung und dem Betrieb der Hinweisgeber Meldestelle tritt den Beschäftigungsgeber weiterhin die Pflicht, mit der Ombudsperson zu kooperieren und im Unternehmen geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Verstöße abzustellen.  Jedoch können auch Dritte nicht ohne Kooperation mit dem Unternehmen agieren.  

Wie viele Meldungen werden schätzungsweise eingehen?

Laut Whistleblowing Report 2021 haben mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen Hinweise erhalten. Bei Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten gingen 2020 im Schnitt 46 Meldungen pro Jahr ein. Kleinere Unternehmen (20 bis 49 Mitarbeiter) erhielten durchschnittlich 6 Meldungen. Jede zweite Meldung war im Schnitt relevant.

Wie kann ich mich auf die Einrichtung der internen Meldestelle vorbereiten?

  • Sensibilisieren Sie mindestens Ihre Führungskräfte und Personalabteilung für das Thema Whistleblowing.
  • Klären Sie im Vorwege, ob Sie für die interne Meldestelle für Hinweisgeber selbst zuständig sein oder einen Dienstleister beauftragen möchten.
  • Machen Sie sich Gedanken darüber, wie Sie Whistleblower dazu motivieren, Ihre interne Meldestelle zu nutzen und sich nicht sofort an die Öffentlichkeit wenden.
  • Sollten Sie für sich bereits eine interne Meldestelle für Hinweisgeber eingerichtet haben, prüfen Sie, ob diese den geplanten Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes entsprechen.

Gibt es Schadensersatzansprüche nach dem Hinweisgeberschutzgesetz?

Hinweisgeber, die vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Informationen weitergeben, müssen nach § 38 HinSchG für den entstandenen Schaden aufkommen.

Für den Hinweisgeber besteht ein Schadensersatzanspruch nach Repressalien (§ 37 HinSchG). Ein immaterieller Schadensersatz (Schmerzensgeld) ist allerdings nicht vorgesehen.

Ist der Betriebsrat einzubinden?

Der Betriebsrat ist nach § 80 BetrVG über die Einführung eines Hinweisgebermeldesystems zu unterrichten. Eine Zustimmungspflicht nach § 99 BetrVG wird ausgelöst, sofern Meldestellenbeauftragte eingestellt werden. Und bei Weiterbildungsmaßnahmen kommt eine Mitbestimmung nach § 96 BetrVG in Betracht.

Für die Nutzung der Meldekanäle zur Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes bestehen jedoch nicht zwingend Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG, da für die Nutzung der Meldekanäle nicht die Betriebsordnung berührt wird und das Meldesystem in der Regel nicht selbst zur Überwachung von Verhalten oder Leistung bestimmt oder geeignet ist.

Erfahren Sie mehr zum Thema in unserem Whitepaper.

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